Gretchen 89ff.

 DAS STÜCK

Faust I, Gretchens Kästchenszene, Seite neunundachtzig folgende:

Kaum ein Regisseur, der sich noch nicht daran versucht hätte, kaum ein Schauspieler, der noch nie mit einer Rolle darin geliebäugelt hat: Goethes Faust I. Und genau deshalb ist es so schwierig, dem Stoff immer wieder etwas Neues abzugewinnen. Und schließlich sollen Inszenierung und Rolleninterpretation ganz anders sein als die der unzähligen Vorgänger und Vorgängerinnen.

In zehn Szenen erfährt der Zuschauer, wie neurotisch, exzessiv und tragikomisch es hinter der Bühne zugeht. Geprobt wird die Kästchenszene, also die Szene, in der Gretchen den Schmuck entdeckt, den Mephisto in ihrem Haus deponiert hat, um ihr Herz für Faust zu gewinnen.

Unterschiedliche Regisseure üben sich in Selbstverwirklichung und treffen dabei auf verschiedene Exemplare von Darstellerinnen. Da gibt es beispielsweise den hektischen Streicher, dem es mühelos gelingt, die ganze Szene auf fünf Sätze zu reduzieren, den besessenen Freudianer, der Gretchen zum Entsetzen der jungen Darstellerin als Domina sieht oder den netten aber unerfahrenen Regisseur, der an eine waschechte Diva gerät. Und es gibt den Hospitanten, die Dramaturgin und den Requisiteur, die ihre ganz eigenen Probleme mit dem Stück, ihren Kollegen und sich selbst haben.

Gretchen 89ff. macht Regisseuren und Schauspielern Spaß - vielleicht, weil auch in ihnen manchmal ein kleiner "Freudianer" oder ein bisschen "Diva" steckt.

Vor allem aber macht Gretchen 89 ff. den Zuschauern Spaß, denn hier gibt es richtig 'was zu lachen.